Erinnert ihr euch noch: Am frühen Morgen des 28. September 2003 brach in ganz Italien die Stromversorgung zusammen. Danach war das Land – mit Sardinien als einziger Ausnahme – mehrere Stunden ohne elektrische Energie. Der Hintergrund: Italiens Stromversorgung ist – auch heute noch – von Stromimporten abhängig. Im Juli 2024 lieferten italienische Kraftwerke nur 86,4 Prozent des nationalen Strombedarfs, 13,6 Prozent wurden im Ausland – auch aus Atomkraftwerken – hinzugekauft. Am 28. September 2003 fielen – durch einen Kurzschluss und die darauf folgenden Überlastung – zwei wichtige Hochspannungsleitungen aus, über die elektrische Energie aus der Schweiz importiert wird und in Italien gingen die Lichter aus.
Am 8. Januar 2021 führten Ausfälle von Stromleitungen und Schaltanlagen in Südosteuropa zu erheblichen Problemen im europäischen Stromnetz. Auslöser des Fast-Blackouts in weiten Teilen Europas war demnach ein technischer Fehler in einer Umspannanlage im kroatischen Ernestinovo – einem wichtigen Knoten im gesamteuropäischen Stromnetz. Dort wurden zwei wichtige Hochspannungsverbindungen unterbrochen, die Strom vom Balkan in andere Teile Europas führen. Deshalb teilte sich das europäische Stromnetz in zwei Gebiete auf: den Nordwesten, dem 6,3 GW Erzeugungsleistung fehlte, und den Südosten, in dem ein entsprechender Überschuss bestand. Der österreichische Übertragungsnetzbetreiber APG berichtete, dass die Störung „das europäische Stromnetz an seine Grenzen gebracht hat“.
Um in Krisenlagen unkontrollierte Netzabschaltungen wie im Jahr 2003 verhindern zu können, legte der italienische Netzbetreiber Terna 2008 einen umfangreichen gesamtlichen Notfallplan (PESSE = Disposizioni per la predisposizione e l’attuazione del piano di emergenza per la sicurezza del sistema elettrico) vor, der 2018 zum letzten Mal überarbeitet wurde. Dafür wurden die Verbrauchspunkte (Pods) auf dem gesamten Staatsgebiet in 20 Gruppen eingeteilt – 15 davon können in einem Rotationsverfahren vom Stomnetz getrennt werden, fünf – wie der Zivilschutz, die Krankenhäuser, die Sicherheitskräfte, die Eisenbahnen oder die Flughäfen – sind von diesen Abschaltungen nicht betroffen. Im Detail: Jeder der 15 Gruppen werden in 24 Stunden bis zu drei 90minütige Abschaltphasen zugewiesen.
Der Umfang der kontrollierten „Blackouts” hängt von der jeweiligen Notfalllage in einem fünfstufigen System ab. Wird die geringste Notfallstufe I ausgerufen, werden italienweit 4,5 Prozent aller Verbrauchspunkte rotierend vom Netz genommen, bei der höchsten Notfallstufe V sind es schon 22,5 Prozent. Der Notfallmechanismus wird von Terna aktiviert und von den regionalen oder lokalen Stromverteilern umgesetzt. Ein Beispiel: Wenn Terna an einem Wochentag im Juli von 16.30 bis 18 Uhr in den norditalienischen Regionen Piemont, Lombardei und Veneto die Notfallstufe III ausruft, werden automatisch diese Stromabschaltungen angeordnet: Die Verbrauchspunkte der Gruppen 1, 9 und 12 sind von 16.30 Uhr bis 18 Uhr ohne elektrische Energie, die Gruppen 2, 10 und 18 von 18 Uhr bis 19:30 Uhr und die Nummern 3, 11 und 19 von 19:30 bis 21 Uhr.