EIN RIESIGES POTENTIAL: SCHWIMMENDE PHOTOVOLTAIK ANLAGEN IN NORDAFRIKA

Als „schwimmende Photovoltaik“ werden Photovoltaik-Kraftwerke auf Gewässern bezeichnet, deren Module auf Schwimmkörpern montiert sind. Verankert sind die Anlagen am Ufer oder am Gewässergrund. Aufgrund der natürlichen Modulkühlung durch das Wasser arbeiten diese „Floating Photovoltaics“ deutlich effizienter als konventionelle Freiflächenanlagen. Ein weiterer Vorteil: Schwimmende Photovoltaik-Anlagen verringern die Verdunstung auf der von ihnen bedeckten Wasserfläche – und zwar ganz besonders in den heißen Wüstenregionen auf der Südhalbkugel. Ein internationales Forschungsteam hat diese Aussagen in einer neuen Studie bestätigt.

Als Fallbeispiele dienten dabei der Nasser-See in Ägypten und der Nubia-See im Sudan, die in den 1960er Jahren durch den Bau des Assuan-Staudamms entlang des Nils in beiden Staaten entstanden sind (Evaporation reduction and energy generation potential using floating photovoltaic power plants on the Aswan High Dam Reservoir). Es handelt sich dabei um eine 6.000 Quadratkilometer große Wasserfläche mit 169 Milliarden Kubikmetern Wasser. Die Forschungsergebnisse unterstreichen das enormene Potential der Photovoltaik-Technologie auf diesen beiden künstlichen Seen. Die Forscherinnen und Forscher haben die Auswirkungen schwimmender Photovoltaik-Kraftwerke unterschiedlicher Größen für die Jahre 2005 bis 2016 berechnet. Wenn man in diesem Zeitraum auf zehn Prozent der Wasserfläche schwimmende Photovoltaik-Module installiert hätte, wäre der Wasserverlust durch die Verdunstung um 7,2 Milliarden Kubimeter gesunken, bei ener 90prozentigen Abdeckung der Seen steigt diese Zahl auf 70,4 Milliarden Kubikmeter.

Erstaunlich sind auch die Berechnungen der Stromproduktion: Mit einem Solarkraftwerk, das nur zehn Prozent der gigantischen Wasserfläche nutzt, könnte Ägypten 95 Prozent seines eigenen Bedarfs an elektrischer Energie erzeugen. Würde das Solarkraftwerk auf 50 Prozent der Fläche der Seen errichtet, könnte die Stromproduktion sogar den Bedarf des gesamten afrikanischen Kontinents (715 Terawattstunden) abdecken.

MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: DIE BIOENERGIA FIEMME AG

Die Bioenergia Fiemme AG wurde 1999 – in einem Jahrzehnt also, in dem auch viele Südtiroler Biomassefernheizwerke in Betrieb gingen – in Cavalese im Fleimstal gegründet, um dort Haushalte und Unternehmen mit den Hackschnitzeln aus der lokalen Forst- und Holzwirtschaft zu beheizen. Der Ausgangspunkt für diese Kreislaufwirtschaft sind die zirka 60 Millionen Fichten im Fleimstal.

2022 versorgte Bioenergia Fiemme über ein 30 Kilometer langes Leitungsnetz 704 Anschlusspunkte mit „grüner” Wärme, die heute in drei mit Biomasse befeuerten Heizkesseln erzeugt wird. Eine ORC-Anlage erzeugt aus Wärme elektrische Energie und eine Kraft-Wärme-Koppelung liefert den im Betrieb verbrauchten Strom. Für Notfälle stehen in dem 2016 errichteten architektonisch anspruchsvollen Fernheizwerk mit Erdgas versorgte Heizkessel zur Verfügung. 24 Prozent der Aktionäre sind Bürgerinnen und Bürger aus Cavalese, die häufig selbst an das lokale Fernwärmenetz angeschlossen sind.

Mehr als „nur” Fernwärme: Auffällig ist, das Bioenergia Fiemme die eigene Geschäftstätigkeit immer weiter diversisifiziert hat: So wird der Dampf in den Heizkesseln genutzt, um aus Fichtenholz ätherische Öle zu extrahieren, die das Tochterunternehmen Magnifica Essenza GmbH seit 2019 vermarktet. Mit dem Sägemehl, das nicht verbrannt werden kann, erzeugt Bioenergia Fiemme seit 2016 Holzpellets. 2010 wurde das Tochterunternehmen BioEnergia Fiemme gegründet, das heute 60.000 Tonnen Bioabfälle aus Südtirol und dem Trentino zu wertvollem Kompost verarbeitet und neben elektrischer Energie auch Biomethan produziert.

ÖTZI WIKI: WAS IST EIGENTLICH GREENWASHING?

Wörtlich übersetzt bedeutet Greenwashing „grünwaschen“. Die Farbe Grün steht dabei symbolisch für die Natur und den Umweltschutz. Mit Waschen ist in diesem Zusammenhang allerdings „sich von etwas reinwaschen“ gemeint. Anders gesagt: Zahlreiche Unternehmen oder Organisationen stellen Herstellungsprozesse, Dienstleistungen, Arbeitsbedingungen Transportwege und – vor allem – ihre Produkte in der Werbung umweltfreundlicher und nachhaltiger dar, als sie es tatsächlich sind. Dahinter steckt meistens eine Marketingstrategie, die gezielt falsche Informationen einsetzt, um sich selbst ein „grünes” Image zu verleihen.

Ein Beispiel: Ölpalmen gelten als die ertragreichsten Pflanzen zur Ölgewinnung und werden daher in unzähligen Lebensmitteln, Kosmetika oder auch in Diesel-Kraftstoffen eingesetzt. Die extreme Nachfrage gefährdet jedoch den Regenwald, da dieser für riesige Palmölplantagen, abgeholzt wird. Dennoch existieren immer noch Umwelt”-Siegel, die auf Verpackungen für nachhaltiges” Palmöl werben. Das ist allerdings in der landwirtschaftlichen Praxis kaum möglich: Durch die Monokultur der Ölpalmen werden die Böden in wenigen Jahren ausgelaugt – und um die Produktion weiterzuführen, muss immer neuer Regenwald abgeholzt werden.

Irreführende Naturbilder, unpräzise Begriffe wie „natürlich” oder „umweltfreundlich” und bedeutungslose Zertifizierungen gibt es in nahezu allen Branchen – wenn etwa ein Autokonzern behauptet, Dieselkraftstoff schone die Umwelt, ein Modekonzern eine (sehr kleine) “umweltfreundlich” produzierte Kollektion bewirbt und in seinem (sehr großen) Kerngeschäft weiterhin Polyester verarbeitet oder ein Mineralökonzern sein Engagement bei der Reduzierung des eigenen CO2-Ausstoßes medienwirksam unterstreicht und gleichzeitig  Ölförderungsprojekte in sensiblen Regionen wie der Arktis betreibt. Ein weiteres Beispiel ist die CO2-Kompensation: Unternehmen können ihren CO2-Ausstoß mit dem Erwerb von  „Emissionsgutschriften” ausgleichen, mit denen Klimaprojekte im Ausland finanziert werden. Deutsche Medien haben einige dieser vor allem von der Mineralölwirtschaft unterstützten Projekte in China untersucht. Ein Ergebnis dieser Recherchen: Bei einem mit 80 Millionen Euro geförderten „Klimaprojekt” handelte es sich offenbar um einen verlassenen Hühnerstall. Wie kann man sich gegen Greenwashing schützen? Die Antwort ist einfach: Mit Informationen und kritischem Denken. Seid misstrauisch, hinterfragt Unternehmensaussagen, recherchiert auf den Webseiten von Verbraucherschutz- und Umweltorganisationen und achtet auf allgemein verlässliche Zertifizierungen wie Fairtrade oder FSC (Forest Stewardship Council).

VOLLVERSAMMLUNG VON ÖTZI STROM 2024

Ötzi Strom ist attraktiv und wächst weiter: 2022 hatten sich 1.494 Mitglieder unserer 2019 gegründeten Genossenschaft angeschlossen, Ende 2023 waren es bereits 2.450 und Ende April 2024 versorgte Ötzi Strom schon 2.980 Business- und Haushaltskunden mit „grüner“ Energie aus dem eigenen Land. 28 Prozent aller Ötzi-Kundinnen und Ötzi-Kunden sind heute Unternehmen und 71 Prozent private Haushalte. Die Gründungsmitglieder der Genossenschaft machen in dieser Statistik nur mehr ein Prozent aller Mitglieder aus. Diese – positiven – Zahlen wurden auf der Vollversammlung am 24. April im Geschäftsbericht vorgestellt. Ötzi Strom beliefert heute bereits viele Kunden jenseits der Landesgrenzen – und will dieses Engagement auf dem italienischen Markt in Zukunft noch weiter verstärken. Heute leben 73 Prozent aller Ötzi-Mitglieder in Südtirol – und 27 Prozent in anderen italienischen Regionen.

Auf der Vollversammlung kommentierte die Geschäftsführung auch die turbulente Entwicklung der Strompreise in den vergangenen Jahren. So waren die Preise für elektrische Energie – aufgrund der COVID-19-Pandemie und des Ukraine-Krieges – von 3,8 Cent pro Kilowattstunde (KWh) im Jahr 2020 bis auf 80 Cent im August 2022 angestiegen, um danach im Jahr 2023 wieder auf durchschnittliche 12,7 Cent zu sinken. Am 24. April 2024 wurde eine Kilowattstunde an der Mailänder Strombörse für 10 Cent gehandelt – und damit dürfte sich der Strompreis wohl auf ein – zumindest mittelfristig gültiges – Niveau eingependelt haben.

MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: DIE „MEERES-SEATY”

Das Mittelmeer ist ein Ozean von außerordentlichem biologischem Reichtum, in dem über 17.000 Arten leben – aber eben auch eines der am stärksten ausgebeuteten Meere der Welt. Wie kann man diesen ganz besonderen Lebensraum schützen? Das Projekt SEATY der italienischen Non-Profit-Organisation Worldrise ist erfinderisch und innovativ zugleich: An drei Standorten in Sardinien und Sizilien verknüpfen die „Meeres-Seaty” die Bewahrung wertvoller mariner Biotope mit wissenschaftlichen Projekten und zahlreichen Weiterbildungsangeboten.

Worldrise wurde 2013 gegründet und setzt sich seitdem für den Schutz der italienischen Meere ein. Bis 2030 – so das ambitionierte Ziel der Organisation – sollen mindestens 30 Prozent der italienischen Hoheitsgewässer wirksam geschützt werden. Heute steht nur ein Prozent der italienischen Meere unter Schutz. Die von Worldrise betreuten SEATYS sind kleine Küstenabschitte, in denen der Badebetrieb weiterhin erlaubt ist. Besucherinnen und Besucher können dort also die Natur genießen, die biologische Vielfalt des Meeres in den von Wordlrise dafür angebotenen Kursen und Exkursionen erkunden sowie Kajaks, Kanus, Seascooters und Seabobs benutzen oder sich auch an der regelmäßigen Beseitigung des angeschwemmten Plastikmülls am Strand beteiligen. Untersagt sind dagegen das Fischen, Segeln und Ankern, die unsachgemäße Entsorgung von Abfall und das Wind- und Kitesurfen.

Kleine Schritte – große Wirkung: Das erste SEATY-Projekt enstand  auf einem 1.300 Meter langen Küstenstreifen in Golfo Aranci auf Sardinien. Das zweite sardische Meeresschutzgebiet in Santa Teresa Gallura umfasst 5.000 Hektar. Dort wurde ein „Meeresbildungsgebiet” geschaffen in dem Tourismus und Fischerei nur noch eingeschränkt möglich sind, um den Schutz der Natur und – vor allem – deren Regeneration sicher zu stellen. Auch die 2019 eingerichtete „Meerescity” in Capo Milazzo in Sizilien soll dazu beitragen, einen biologisch, geologisch, historisch und kulturell äußerst bedeutsamen Lebensraum zu erhalten.

„NEMOS GARDEN“ IM MITTELMEER

„Endlich waren wir am Saum dieser Waldung angekommen, welche ohne Zweifel zu den schönsten der ungeheuern Besitzung des Kapitäns Nemo gehörte. Er sah sie als sein eigen an und übte über dieselbe die nämlichen Rechte, welche die ersten Menschen in den ersten Tagen der Welt hatten. Übrigens, wer hätte ihm den Besitz dieses unterseeischen Eigentums streitig gemacht? Dieser Wald bestand aus großen baumartigen Pflanzen, und sobald wir unter seine umfassenden Wölbungen kamen, fiel mir sogleich eine eigentümliche Beschaffenheit ihrer Gezweigs auf, wie ich sie bisher noch nicht beobachtet hatte” – so beschreibt Jules Verne ib seinem Roman „20.000 Meilen unter dem Meer” die unterseeischen Wälder der fiktiven Insel Crespo.

Heute steht „Nemos Garden“ im Golf von Genua vor der italienischen Küste. In neun Unterwassergewächshäusern – Biosphären genannt – mit je 2.000 Litern Fassungsvermögen werden dort Basilikum, verschiedene Salatsorten, Tomaten, Zucchini, Bohnen, grüne Erbsen, Erdbeeren, Kräuter, Pilze und Blumen angebaut. In jeder der mit Ketten am Meeresboden verankerten und von Land aus mit Kameras und Sensoren überwachten Biosphäre können heute bis zu 90 unterschiedliche Pflanzenarten wachsen.

Die Idee zu diesem Unterwasser-Bauernhof hatte der Profitaucher und Hobbygärtner Sergio Gamberini 2012 nach einem Gespräch mit einem befreundeten Bauern während seines Urlaubs im 60 Kilometer von Genua entfernten Küstendorf Noli. Gamberini wollte Pflanzen unter Wasser in einem geschützten Lebensraum über die eigene Verdunstung bewässern. Der Taucher leitet die Ocean Reef Group, die seit 1950 Taucherausrüstung produziert und vertreibt. Ohne diese langjährige Expertise wäre das Projekt wohl kaum möglich gewesen: Zu den unterseeischen Anbaukapseln gelangt man nur mit Sauerstoffflasche und Taucheranzug.

Die Biosphären aus Acryl schweben in Tiefen von sechs bis zehn Metern und verfügen über Stufengitter, auf denen Taucher stehen und arbeiten. In den Biosphären kondensiert das Wasser an den Innenwänden, tropft nach unten ab und bewässert die Pflanzen während die konstante Meerestemperatur und der Sauerstoffreichtum ideale Wachstumsbedingungen schafft. Gamberinis Unterwassergärtner  haben inzwischen nicht nur erfolgreich eine Vielzahl von Nutzpflanzen geerntet, sondern auch festgestellt, dass die in dieser ungewöhnlichen Umgebung angebauten Pflanzen nährstoffreicher sind als Pflanzen aus traditionellem Anbau.

Die Landwirtschaft macht 70 Prozent des weltweiten Süßwasserverbrauchs aus, während „Nemos Garten” keine externen Wasserzuläufe braucht. Ein weiterer Vorteil des Unterwasser-Anbaus: Schädlinge fehlen völlig. Die vor Insekten geschützten Pflanzen wachsen ohne Pestizideinsatz, was „Nemos Garten” eine zu 100 Prozent biologische Produktion garantiert.

DAS PUMPSPEICHERKRAFTKWERK IM ÖLTANK

Aus sechs großen Erdöltanks werden Wasserspeicher, deren Pumpen mit elektrischer Energie arbeiten, die Solarmodule, die in einem nahen öffentlichen Park installiert sind, erzeugen. Das entsprechende Projekt wurde von der Verwaltung des größten Seehafens in der nördlichen Adria in Auftrag gegeben und am 4. April offiziell vorgestellt. Die geplanten 15 Meter hohen „Wasserbatterien” mit einem Fassungsvermögen von jeweils 110.000 Kubikmetern funktionieren wie ein alpines Pumpspeicherkraftwerk: Meerwasser wird bei einer geringen Stromnachfrage wie etwa in den Nachtstunden in die Tanks gepumpt und bei einer hohen Stromnachfrage über Turbinen, die elektrische Energie produzieren, wieder abgelassen. Der neue Energiepark ist Teil eines umfangreichen Masterplans für den Freihafen von Triest, zu dem auch ein Forschungs- und Innovationspark sowie landwirtschaftliche Projekte gehören.

DER SOLARPARK WITZNITZ: DIE ZUKUNFT DER ENERGIE

„Von Bozen bis Trient geht es neun Meilen weg in einem fruchtbaren und fruchtbareren Tale hin. Alles, was auf den höheren Gebirgen zu vegetieren versucht, hat hier schon mehr Kraft und Leben, die Sonne scheint heiß, und man glaubt wieder einmal an einen Gott!”, schreibt Goethe in seiner „Italienischen Reise”. Im 21. Jahrhundert wäre das „Land, wo die Zitronen blühen“ mit der „heißen Sonne” eigentlich ein guter Standort für Solarkraftwerke – stattdessen steht der leistungsstärkste europäische Solarpark heute in Witznitz unweit von Leipzig.

Im April 2024 hat die Hansainvest Real Assets GmbH – ein Unternehmen der deutschen Versicherungsgruppe Signal-Iduna – diesen Solarpark im Umland der sächsischen Landeshauptstadt gemeinsam mit dem Kraftwerksentwickler und PV-Spezialisten MoveOn Energy offiziell in Betrieb genommen. Schon seit Ende 2023 erzeugt die Anlage im Besitz von Hansainvest mit einer installierten Leistung von 605 Megawatt (MW) grünen Strom. MoveOn Energy wird am Standort Witznitz noch in diesem Sommer in einem eigenen Solarkraftwerk zusätzliche 45 MW an Leistung installieren und ebenfalls Sonnenstrom in das Netz einspeisen. Dann kann der Solarpark Witznitz mit seinen 1,1 Millionen PV-Modulen etwa 200.000 Vier-Personen-Haushalte mit „grünem“ Strom aus erneuerbarer Energie versorgen.

Von der Braunkohle-Förderung zum Sonnenstrom: Der Energiepark Witznitz liegt im 1946 eröffneten und erst 1993 stilgelegten Braunkohletagebau Witznitz II. Die Errichtung des 500 Hektar Solarparks ergänzt dort die aufwändige Revitalisierung einer von der Kohleförderung weitgehend zerstörten Landschaft. Zudem soll eine landwirtschaftliche Parallelnutzung auf den Flächen unterhalb der Solarmodule gestestet werden. Für dieses Agrifotovoltaik-Experiment steht in einem ersten Schritt eine Fläche von fünf bis zehn Hektar zur Verfügung. Mindestens 30 Jahre lang soll der Solarpark Witznitz Strom produzieren. Dessen Vermarktung hat Next Kraftwerke übernommen: Das Unternehmen mit Sitz in Köln verkauft einen Großteil der in Witznitz produzierten Energie mit einem Power Purchase Agreement (PPA) an seine Konzernmutter Shell. Der Mineralölkonzern will – nach eigenen Angaben – mit dem „grünen” Solarstrom aus Sachsen sein Portfolio an kohlenstoffarmer Energie erweitern, um bis 2050 profitabel zu einem Netto-Null-Emissions-Energiegeschäft übergehen zu können.

FUEL MIX: WAS IST DAS EIGENTLICH?

Der Fuel Mix oder Energiemix ist die Gesamtheit der Primärenergieträger, die zur Erzeugung der von den Stromversorgungsunternehmen an die Endkunden gelieferten Energie verwendet werden, wie Sonne, Wind, Wasser, fossiles Gas oder Erdöl. Seit 2009 sind die Stromversorger verpflichtet, die Endkundinnen und Endkunden in einem Zweijahresrhythmus über die Zusammensetzung ihres eigenen Primärenergiemixes sowie über den gesamtstaatlichen Fuel Mix im gleichen Zeitraum zu informieren. Die entsprechenden Tabellen müssen auf den Rechnungen, auf dem Infomaterial und auf den Internetseiten der Unternehmen aufscheinen.

Der für die Förderung erneuerbarer Energie zuständige GSE (Gestore dei Servizi Energetici) legt die Art und Weise, wie dieser Energiemix berechnet wird, fest. So muss etwa die Verteilung von Strom aus erneuerbaren Quellen gegenüber den Kundinnen und Kunden durch Herkunftsnachweise belegt werden. Diese GO-Zertifikate sind elektronische Dokumente, die bescheinigen wie und wo Strom aus erneuerbaren Energien produziert wurde. Gleichzeitig sorgt dieses Dokument dafür, dass Ökostrom am Markt nur einmal verkauft werden kann. Die GO-Zertifikate geben allerdings nur Auskunft über die Menge und die Herkunft des Stroms aus erneuerbaren Quellen und bewerten dabei nicht die ökologische Qualität der Erzeugung. Seit dem Frühjahr 2024 sind alle Produzenten elektrischer Energie – und darunter auch die Betreiber kleiner Solaranlagen, deren Überschussstrom in das öffentliche Netz eingespeist wird – nicht mehr verpflichtet, ihren Fuel Mix dem GSE mitzuteilen. Diese Aufgabe übernimmt ab dem 31. März der italienische Netzbetreiber Terna. Nur die Stromversorger müssen weiterhin eine Fuel-Mix-Meldung über die Herkunft der von ihnen verteilten Energie erstellen.

Vorsicht Falle: Stromverträge am Telefon

Die Kundschaft als Beute: Telemarketingagenturen geben sich als Netzbetreiber aus und bieten auf betrügerische Art telefonisch unvorteilhafte Mogelpackungen als vermeintliche Schnäppchen an – und das trifft vor allem auf die Monate vor dem Ende des geschützten Grundversorgungsdienstes für private Stromkund*innen am 30. Juni 2024 zu. Dabei werden die Verbraucherinnen und Verbraucher mit Telefonanrufen zum Abschluss von angeblich kostengünstigen Stromlieferverträgen aufgefordert. Achtung: Schon das Wort „Ja“ („Si“) kann – unabhängig vom sprachlichen Kontext, in dem es gebraucht wird – einen Vertrag aktivieren. Wenn die telefonisch gestellte Falle zuschnappt, folgen ein ungewollter Wechsel des Anbieters und hohe Rechnungen.

Was ist zu tun, wenn ein Stromvertrag – ohne die eigene Zustimmung – aktiviert wird? Man kann schriftlich – mit Einschreiben mit Rückantwort oder PEC – Beschwerde einlegen. Der Anbieter ist dann verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen eine begründete Antwort zu geben. Erfolgt die Antwort nicht innerhalb dieser Frist, steht den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine Entschädigung zu. Eine Lieferungs-Unterbrechung aufgrund der Nicht-Bezahlung einer Rechnung ist nur möglich, wenn per Einschreiben eine Mahnung mit der Ankündigung der Unterbrechung zugeschickt wird. Wer zu seinem früheren Anbieter zurück wechseln will, sollte das zeitnah selbst tun und diesen Lieferunternehmen kontaktieren. Der Tipp von Ötzi Strom: Gebt Telefonverkäufer*innen niemals eure POD-Nummer, eure Steuernummer oder eure E-Mail-Adresse aus. Legt einfach den Hörer auf oder beendet das Gespräch mit dem kurzen Satz „No, grazie“, um diese Art von Falle zu vermeiden.