Ende 2022 hat Europa – im Winter – zum ersten Mal mehr Strom mit erneuerbaren Energien produziert als mit fossilen Energieträgern. Der Anteil der Erneuerbaren am europäischen Energiemix stieg auf 40 Prozent. Der Anteil von Kohle und Gas sank auf 37 Prozent, obwohl in diesem Zeitraum viele französische Kernkraftwerke wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet waren und die Produktion der Wasserkraft eingebrochen war. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung war übrigens der gesunkene Verbrauch infolge der hohen Strompreise.
Noch eine gute Nachricht: Die noch im Frühjahr 2022 – nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine – befürchtete Rückkehr der Kohle als Ersatz für fossiles Importgas hat in Europa nicht stattgefunden. Eine Ausnahme ist Italien. Die Verfeuerung von Kohle in den EU-Kraftwerken im Verlauf der Wintermonate ist um 11 Prozent zurückgegangen. In den italienischen Kraftwerken jedoch ist der Kohlverbrauch in den Monaten Oktober 2022 bis März 2023 um 28 Prozent (!) angestiegen. Gründe für den hohen Kohleverbrauch sind die extreme Trockenheit in den norditalienischen Regionen und die damit verbundenen hohen Produktionsausfälle im Bereich der Wasserkraft.
Auch die Position des Landes als größter europäischer Kunde des russischen Erdgaslieferanten Gazprom hat dabei geholfen. Zwar hat Italien die Gas-Verstromung im Winter stärker reduziert als alle anderen EU-Länder. Aber das war nur möglich, weil die Laufzeiten von sechs italienischen Kohlekraftwerken bis zum September 2023 verlängert wurden. Deren Schließung war vor der Ukrainekrise bereits beschlossen. Ein Beispiel: Die Erzeugung von elektrischer Energie in den vier großen Kohlekraftwerken des ENEL-Konzerns wurde vom September 2022 bis zum Januar 2023 um 43,4 Prozent erhöht.
Zum Vergleich: Von den 18 EU-Ländern, die immer noch Kohlekraft nutzen, haben 15 ihre Kohleverstromung im vergangenen Winter reduziert. Auf Polen und Deutschland – die europaweit größten Nutzer dieses klimaschädlichen fossilen Brennstoffs – entfielen 70 Prozent des Rückgangs. In Polen erreichte der Anteil der Kohle an der Stromerzeugung einen neuen Tiefpunkt. Er fiel zum ersten Mal überhaupt unter zwei Drittel der gesamten Stromerzeugung. Portugal verzeichnete den größten prozentualen Rückgang in der EU, nachdem es sein einziges verbliebenes Kohlekraftwerk im Winter 2021 abgeschaltet hatte.