GOOD NEWS: Das wissenschaftliche Netzwerk für Naturschutz

Das neue weltweite Science Based Targets Network (SBTN) hat zum ersten Mal konkrete wissenschaftsbasierte Ziele (Science Based Targets ) für einen umfassenden Landschafts- und Naturschutz veröffentlicht. Dem globalen SBTN-Netzwerk, das damit zum Schutz des Süßwassers, der Landflächen, der Biodiversität und der Ozeane beitragen will, gehören bereits mehr als 60 Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaftsverbände an. 17 multinationale Unternehmen wie H&M, Holcim und Nestlé wollen diese Ziele in diesem Jahr verfolgen. 115 Unternehmen aus 25 Ländern haben die Leitlinien laut SBTN vorab getestet.

Damit werden wissenschaftsbasierter Natur- und Klimaschutz eng miteinander verknüpft. Der Hintergrund: Im Klimaabkommen von Paris vereinbarten die UN-Mitgliedstaaten 2015 eine maximale Grenze für die globale Erwärmung. Diese sollte bis 2050 auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden. Konkret heißt es, dass der weltweite Temperaturanstieg auf jeden Fall auf deutlich unter zwei Grad Celsius beschränkt werden soll.

Noch im gleichen Jahr haben das Carbon Disclosure Project (CDP), der United Nations Global Compact (UNGC), das World Resources Institute (WRI) und der World Wide Fund for Nature (WWF) die Initiative Science Based Targets (SBTi) gegründet. Diese stellt wissenschaftlich fundierte Kennzahlen zur Verfügung, um die Dekarbonisierung weltweit zu fördern. Diese Science Based Targets ermöglichen es Unternehmen, wirksame Klimaschutz- und Emissionsreduktionsziele zu entwickeln und auch umzusetzen. Mit sektorspezifischen Methoden, einem kostenlosen Berechnungstool, Webinaren, Handbüchern und technischer Unterstützung unterstützt die SBTi eine praxisnahe Umsetzung. In diesem Zusammenhang ruft die globale Initiative Unternehmen dazu auf, eigene wissenschaftsbasierte Ziele in Übereinstimmung mit den Zielen des Pariser Abkommens festzulegen. Der Betrieb soll diese Ziele in sienem Alltag verfolgen. Die Unternehmen beteiligen sich freiwillig an der SBTi und verpflichten sich, mindestens ein wissenschaftsbasiertes Klimaziel zu verfolgen. Das Ziel verringert den Treibhausgasausstoß spürbar und dessen konkrete Einhaltung überprüft dann die SBTi.

Ohne einen wirksamen Naturschutz sei Klimaneutralität allerdings nicht möglich, argumentiert das SBTN, dem auch die SBTi-Gründungsorganisationen angehören. Mit anderen Worten: Die Biodiversitätskrise ist ebenso bedrohlich wie der Klimawandel. Mit den jetzt vorgelegten wissenschaftsbasierten Naturzielen könnten Städte und Unternehmen „ihren Einfluss auf die Umwelt ganzheitlich erfassen. Zudem eigene strategische Maßnahmen setzen und damit eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer gerechten und naturfreundlichen Zukunft auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Ziele spielen“. Die dazu zur Verfügung gestellten technischen Anleitungen betreffen zunächst vor allem Nitrat- und Phosphoreinleitungen in Binnengewässer. In den kommenden Jahren will das Netzwerk Unternehmen aller Größen und Branchen mit wissenschaftsbasierten Zielen ausstatten und diese öffentlich evaluieren.

Biodiversität: das Monitoring in Südtirol

2019 begannen Forscherinnen und Forscher am Institut für Alpine Umwelt bei Eurac Research im Auftrag der Südtiroler Landesregierung mit einem aufwändigen landesweiten Biodiversitätsmonitoring. Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt der Arten in einem Gebiet, die genetische Vielfalt innerhalb von Arten sowie die Lebensraum- und Ökosystemvielfalt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen in Südtirol 320 Standorte – von Wiesen und Weiden, Äckern und Dauerkulturen sowie Siedlungsgebieten und Wäldern über Feuchtlebensräumen, bis hin zu alpinen Lebensräumen. 2021 startete das aquatische Monitoring mit 120 Fließgewässerstandorten in allen Höhenstufen.

Das Monitoring

Im Fokus der Fachleute stehen im terrestrischen Monitoring Gefäßpflanzen, Vögel, Fledermäuse, Tagfalter, Heuschrecken, Moose und verschiedene Bodenorganismen. Der erste Erhebungszyklus dauert fünf Jahre. Die Untersuchungen werden an denselben Punkten wiederholt, um Veränderungen in der Artenvielfalt festzustellen und daraus Tendenzen und Trends ableiten zu können. Die ersten Ergebnisse liegen vor und können hier eingesehen werden. Sicher ist: Je mehr Lebensräume es in einer Kulturlandschaft gibt, desto mehr Tier- und Pflanzenarten kommen dort vor. Besonders gut lässt sich diese in den Obstbaugebieten beobachten. Ein Bauernhof mit Gärten und einzelnen hochstämmigen Obstbäumen verfügt demnach über eine große Lebensraumvielfalt mit besonders vielen Tagfaltern und Vögeln. Apropos Biodiversität: Die Südtiroler Initiative Baumgart setzt sich für die artenreichen Streuobstwiesen ein. Sie wurde dafür 2023 von der italienischen Umweltorganisation Legambiente ausgezeichnet.

Die biologische Vielfalt und die Leistungen der Ökosysteme sind für das Überleben der Menschheit essenziell. Dennoch ist der Druck auf Lebensräume und Arten enorm.

Das Bild ist düster

Der jüngste Bericht des Weltbiodiversitätsrat IPBES, der im März 2019 in Paris vorgestellt wurde, zeichnet jedenfalls ein düsteres Bild. Demnach sind bis zu einer Million Arten vom Aussterben bedroht. Die Hälfte der lebenden Korallen ist seit 1870 verschwunden, die weltweite Waldfläche beträgt nur noch 68 Prozent im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, 75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Meeresfläche wurden durch menschlichen Einfluss verändert und über 85 Prozent der Feuchtgebiete sind in den vergangenen 300 Jahren verloren gegangen. Das ist – leider – der Stand der Dinge.

IPBES ist ein unabhängiges zwischenstaatliches Gremium, dem über 130 Mitgliedsregierungen an- gehören. IPBES Der Der Der Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) ist ein zwischenstaatliches Gremium. Er hat die Aufgabe, die Politik zum Thema biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen wissenschaftlich zu beraten. IPBES gibt es seit 2012. Der Sitz des Sekretariats befindet sich in Bonn. Aktuell sind 137 Staaten IPBES-Mitglieder. Der Weltbiodiversitätsrat sammelt weltweit wissenschaftliche Daten, analysiert diese und zeigt konkrete politische Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der biologischen Vielfalt auf. Der Rat führt aber keine eigenen Forschungsarbeiten durch. Seine Kernaufgabe ist die Erstellung von Berichten durch externe Fachleute über den Zustand der biologischen Vielfalt und der Leistungen, die Ökosysteme für die Menschen erbringen.

Mit gutem Beispiel voran: Energie Villnöss

1921 wird in Villnöß – auf Initiative von drei Bauern, einem Handwerker und einem Schmied – die Elektrizitätsgesellschaft St. Magdalena gegründet um „für ihre Mitglieder elektrische Energie für Beleuchtung und Kraftbetrieb zu erzeugen und zu verwerten, um damit die Volkswirtschaft zu heben und das materielle Wohl ihrer Mitglieder durch Anlagen von Sägen, Mühlen, Werkstätten für Holz und andere Industrien zu fördern.“

Die Genossenschaft, die heute Energie Villnöß heißt , erhält ein Darlehen vom „Kirchlichen Fonds zur Errichtung eines Priesterbenefiziums in St. Madgalena in Villnöß“ und errichtet mit dem Geld ihr erstes eigenes E-Werk, das 1922 ans Netz geht. Menschen organisieren ihre Energieversorgung, weil Energieunternehmen kein Interesse daran haben, abgelegene Berggebiete mit Strom zu beliefern.

Ein Jahrhundert später geschieht in zahlreichen europäischen Ländern etwas Vergleichbares: Bürgerinnen und Bürger verzichten auf Kohle, Erdöl. Atomstrom oder Erdgas und erzeugen und verteilen in dezentralen Anlagen erneuerbare Energie. Dabei entstehen in der geographischen Peripherie – wie vor 100 Jahren in Südtirol – zahlreiche interessante nachhaltige und innovative Projekte.

Ein Fallbeispiel für diesen europaweiten Trend sind auch die genossenschaftlichen Elektrizitätswerke Schönau im Schwarzwald, die Energie Villnöß in ihrem Energiewende-Magazin portraitieren. Hier ist der Link zum Nachlesen – es lohnt sich!